Freitag, 20. Oktober 2006

Die Karl-May-Verschwörung




Ich mag Verschwörungstheorien. Verschwörungstheorien decken auf, was die Menschen wirklich glauben, ihre lustigsten Fantasien und natürlich vereinfachen sie komplizierte Sachverhalte auf eine simple Theorie, die jeder verstehen kann.

Der Drang der Menschen nach einer Einteilung der Welt in »schwarz und weiß«, in »gut und böse« wird dabei sichtbar; denn entweder wird bei einer Verschwörungstheorie eine Person oder eine Personengruppe als »ultimativ böse« oder aber eine Person als »unsterblicher Held« ikonisiert. Letzteres geschieht zum Beispiel bei der »Karl-May-Verschwörung«, die mir gestern als Nebenprodukt in einem Recherchegespräch für meinen nächsten Tatsachenroman präsentiert wurde.

Das Grundmotiv der Theorie geht davon aus, dass Karl May von seinem 4-jährigen Gefängnisaufenthalt in Wirklichkeit nur wenige Wochen abgesessen hat. Nach Aussage des Verschwörungstheoretikers wäre Karl May ja schließlich nur wegen Diebstahls von zwei Kerzenstummeln verurteilt worden. In den fehlenden dreieinhalb Jahren seines Lebenslaufes wäre May nach Amerika gereist, was den Detailreichtum seiner Werke erkläre. Das Wissen um diese Reise würde »man« angeblich kategorisch vertuschen und May stattdessen Schizophrenie als Quelle seiner Inspirationen vorwerfen ...

Darüber hinaus seien die Werke von May in Deutschland alle gefälscht, nur in der Schweiz gebe es Originale. Das liege daran, dass der Karl-May-Verlag in Deutschland alle, die dagegen vorgehen wollen, mit Prozessen zum Schweigen bringen würde. Der Menschenfreund May hätte so indianerfreundlich geschrieben, dass die Texte im 19. Jahrhundert alle grundlegend zensiert werden mussten, um die Indianertötungsmoral deutscher Amerikaauswanderer nicht zu gefährden. Der Verlag hätte also größtes Interesse daran, die Fälschungen weiterhin zu vertuschen, um die Glaubwürdigkeit ihres Verlagsprogramms nicht zu gefährden.

Selbstverständlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass mein Gesprächspartner bereits in allen Archiven gewühlt hatte und alle Schauplätze in den USA bereist hatte, um seine Theorien zu erforschen ...

Und niemand sieht den wahren Helden Karl May – außer natürlich ein paar auserwählten Verschwörungstheoretikern. Niedlich.

Montag, 16. Oktober 2006

»tante, sex« – Googlewelten

Es ist immer wieder unterhaltsam nachzusehen, unter welchen Suchbegriffen dieser Blog am häufigsten gefunden wird. Nach »tante, sex« hat zum Beispiel jemand gesucht und ein anderer hat als Variation nach »sex mit tante« gegoogelt. Ich gehe mal davon aus, dass die Suchenden in meinem Blog auf diesen Artikel gestoßen sind: »Mein erster Tag in Belgrad«.

Es gibt sogar jemanden, der nach »fkk zuhause« gesucht hat – wobei ich mich frage, ob FKK in den eigenen vier Wänden immernoch FKK oder einfach nur »Nackt-In-Den-Eigenen-Vier-Wänden-Rumlaufen« ist. Guckt ja schließlich keiner zu ...
Der Artikel in meinem Blog, der auf diese Suchbegriffe ansprang, ist übrigens: »Warten auf den Bus, der nicht kommt.

Was lernt man nun aus alledem? Richtig! Um bei Google gefunden zu werden, sollte man möglichst oft, natürlich ganz unauffällig, das Wort Sex in seine unerotischen Alltagserlebnisse einfließen lassen. Sex, Sex, Sex. Am besten natürlich, man benutzt das Wort Sex häufig in Kombination mit möglichst nichtssagenden Worten. Sex und Tante. Sex und Ziege. Sex und Möbelsstücke. Sex und FKK. Zuhause.

Mittwoch, 11. Oktober 2006

Buchmesse, Menschenmassen und Roger Willemsen

Ich mag keine Messen. Mag sie einfach nicht. Schon als Kind habe ich so spannende Messen besuchen dürfen wie z.B. die Druck&Papier Messe in Düsseldorf. Hallenweise Chemikalienbäder und Papiermuster. Super.

Natürlich, wird der ein oder andere jetzt denken, aber die Buchmesse ist doch eine Unterhaltungsmedien-Messe. Überall nur tolle Bücher und bekannte Autoren. Na super...

Ehrlich gesagt habe ich auf der Buchmesse gar keine Bücher gesehen, die ich nicht zuvor bereits in einer Buchhandlung, bei Amazon oder im »Bücher«-Magazin entdeckt hatte. Und dafür der Stress mit den Tausenden und Abertausenden von Menschen auf engstem Raum?

Mein erstes Erlebnis dieses Jahr auf der Messe verlief ungefähr so:

Ich laufe in die erste Halle. Immer den Menschenmassen hinterher. Vor mir zwei Frauen mit Rollwägen die sich alle Mühe geben mich auszubremsen. An einem Tisch ein paar Meter entfernt entdecke ich im vorbeigehen Roger Willemsen.

»Hey, guck mal das doch... nicht wahr...«, sagt die eine Dame zu der Anderen und beide bleiben unvermittelt stehen.

Während ich in vollem Gang gegen den Rollwagen knalle und in einer akrobatischen Meisterleistung das Gleichgewicht zurückgewinne, erkennt auch die Begleiterin endlich den Prominenten.


Also dann – auf nach Leipzig, Kameraden!

Dienstag, 10. Oktober 2006

Der Schlaflabor-Film




Neulich waren wir in dem Film »The Science of Sleep« in einem kleinen romantischen Programm-Kino. Wir, das sind in diesem Fall drei Filmschaffende, die nicht weniger begeisterte Cineasten sind. Das betreffende Programm-Kino ist das einzige Kino, in dem ich je eingeschlafen bin (allerdings auch nur bei einem Filmfestival-Film mit John Turturro).

Ich freue mich also, einen Film über das Schlafen in einem Kino zu sehen, in dem ich schon mal eingepennt bin. Die Lichter erlöschen in dem Saal und der Film beginnt. Schlaflabor im Kopf des Hauptdarstellers. Bonbon-Papier-Wellen. Rennende Spielzeugpferde in Stop-Motion. Karton-Gewehre. Eine 1-Sekunden-Zeitmaschine. Ich bin sofort hin und weg und von dem Film begeistert.





Das Licht geht wieder an, der Vorhang schließt sich und zu meiner Linken höre ich aus zwei Mündern parallel: »Kannst du mir den Film erklären?«, »Wie ist der Film jetzt eigentlich ausgegangen?«

»Ihr habt den Film doch auch gesehen?«, erwidere ich verwundert.

»Ja, aber wir sind doch eingeschlafen.«

»Wow«, sage ich. »Das nenne ich mal interaktives Filmschauen!«